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Manning
author Markus Kaiser <markus.kaiser@in.tum.de>
date Thu, 26 Sep 2013 16:37:09 +0200
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\begin{document}
\nocite{*}

\input{titlepage}

\begin{abstract}
\noindent Die Webseite \wl ist eine Enthüllungsplattform, die Whistleblowern eine sichere und anonyme Umgebung bieten will, um Unrecht und Korruption aufzudecken und versteht sich als Verbindung zwischen Quellen und Medien.
\wl erlangte 2010 internationale Bekanntheit durch die Veröffentlichung eines Kriegsvideos aus dem Irak namens \enquote{Collateral Murder} und eines Archivs von Depeschen der amerikanischen Botschaften.
Diese Arbeit beschreibt die Entstehung des Projekts \wl und seine wichtigsten Veröffentlichungen.
\end{abstract}
\vspace{3em}
\tableofcontents

\newpage

\section{Die Entstehung von \wl}
\label{sec:entstehung}
Das Projekt \wl ist eine Enthüllungsplattform.
Es beschreibt sich auf seiner Webseite selbst als eine \enquote{innovative, sichere und anonyme Möglichkeit für Quellen, sensible Informationen an Journalisten weiterzuleiten}.
\wl spezialisiert sich darauf, eine vertrauenswürdige Plattform für Whistleblower darzustellen, also Personen, die geheime Informationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, meist um für die Gesellschaft relevante Probleme wie Korruption, Menschenrechtsverletzungen oder Datenmissbrauch aufzudecken.

\wl veröffentlicht seine Inhalte hauptsächlich über das Internet, kooperiert aber in jüngerer Vergangenheit auch mit einzelnen Medien wie dem Spiegel oder der New York Times.
Die Webseite \url{wikileaks.org} existiert seit 2006 und hat im Jahr 2010 internationale Bekanntheit erlangt, nachdem sie umfangreiche Archive über die amerikanische Kriegsführung und Außenpolitik veröffentlichte.
\wl versteht sich selbst jedoch als unpolitisch und neutral und verspricht jedes Material zu veröffentlichen, das sie erhalten, solange ein öffentliches Interesse an den Daten besteht.

Dadurch stellt das Projekt die Professionalisierung eines Bekannten Konzepts dar, da anonyme Quellen oftmals die Basis journalistischer Arbeit darstellen.
Im Gegensatz zu einzelnen Medien will \wl seine Informationen frei und ohne kommerziellen Anspruch zur Verfügung stellen und die technischen Möglichkeiten zum Quellenschutz voll ausschöpfen.

\begin{figure}[h]
    \centering
    \includegraphics[height=.3\textheight]{img/wikileaks_logo.png}
    \caption{Das Logo von \wl zeigt den tröpfelnden Fluss von Informationen aus dem Schatten der Korruption und Geheimdienste an die Öffentlichkeit.}
    \label{fig:wikileaks}
\end{figure}

\subsection{Julian Assange}
\label{sub:julian_assange}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[height=.3\textheight]{img/assange_wikipedia.jpg}
    \caption{Julian Assange gilt als die zentrale Figur hinter \wl. Assange koordiniert Vorgänge und Finanzen innerhalb der Gruppierung und vertritt sie nach außen. Die Aufnahme zeigt ihn in Norwegen im März 2010.}
    \label{fig:assange}
\end{figure}

Julian Assange ist Mitgründer und Sprecher von \wl, das als Produkt seiner politischen Überzeugung gesehen werden kann. Er trifft nicht nur interne Entscheidungen über Veröffentlichungen oder Finanzen, sondern vertritt die Gruppierung auch nach außen.

Assange wird am 3. Juni 1971 in Townsville, Queensland geboren.
Er wächst auf der kleinen Magnetinsel vor Australien bei seiner Mutter auf, nachdem seine Eltern, die einen Wanderzirkus betreiben, sich trennen.
Seine Mutter ist politische Aktivistin und realisiert auf der Insel ihren Traum eines Aussteigerlebens.
Aus einer weiteren Ehe mit einen Musiker 1979 geht Assanges Halbbruder hervor.

Nach der erneuten Trennung wechselt Assange mit seiner Mutter häufig den Wohnort, da sie sich auf der Flucht vor ihrem zweiten Mann befinden, der in einer Sekte aktiv ist.
Assange beschreibt ihn als \enquote{brutalen Psychopathen}, von dem die Familie \enquote{regelrecht gejagt} wird, bis Assange 16 Jahre alt ist.
Während seiner Kindheit besucht Assange so insgesamt 37 Schulen und gewöhnt sich an ein Nomadenleben, das er auch als Erwachsener weiterführt.

Assange studiert Physik und Mathematik an der University of Melbourne, erlangt jedoch keinen Abschluss.
Er exmatrikuliert sich aus Protest gegen eine Studie, die die mathematische Fakultät im Auftrag der US-Armee durchführt, um das Fließverhalten von Sand zu untersuchen.
Assange weigert sich, Forschung zu Kriegszwecken zu betreiben.

Während seiner Jugend sammelt Assange früh Erfahrung mit Computern.
Für seinen ersten Computer, einem C64, verkauft er sein Haustier, ein Pferd.
Er ist ab 1987 im Internet aktiv und ist dort unter dem Pseudonym \enquote{splendide mendax}, Latein für \enquote{glänzender Lügner}, als Hacker aktiv.
Assange bezeichnet diese Zeit als seine \enquote{geopolitische Ausbildung} und nennt sein Ego als seine Hauptmotivation.
In den Daten zeigt sich \enquote{die Welt, wie sie wirklich ist}.
Er bricht unter anderem bei der US-Amerikanischen Airforce, Marine, dem Verteidigungsministerium und Rüstungsindustrieunternehmen ein.
Aus Protest gegen Kernenergie dringt er in die Netzwerke der NASA ein und versucht unerfolgreich, den Start der atombetriebenen Raumsonde Galileo zu verhindern.
Seine Aktivitäten führen 1991 zu einer Razzia der australischen Polizei, auf die ein Strafprozess folgt. 1992 wird er wegen \enquote{Hackens} zu 2100 australischen Dollar Bußgeld und einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Assange wird Mitglied der \enquote{Cypherpunks}, einer Gruppierung, die \enquote{Privatsphäre für eine offene Gesellschaft im elektronischen Zeitalter [für] unbedingt notwendig} hält und sich dafür einsetzt, großflächig Kryptographie einzusetzen. Assange beteiligt sich an der Entwicklung von \enquote{Rubberhose}, einer Software zur Festplattenverschlüsselung, die speziell für den Einsatz unter politischer Verfolgung konzipiert wurde. 1996 beschreibt Assange zum ersten Mal seine Idee einer Plattform für Leaks, im gleichen Jahr wird mit \url{cryptome.org} ein Vorläufer von \wl gegründet.

\subsection{Gründung und der erste Leak}
\label{sub:der_erste_leak}
Nachdem Assange mehrere Jahre im Ausland verbringt und sich ein Netz von Kontakten aufbaut, von dem er heute noch profitiert, kehrt Assange nach Australien zurück und will \wl Wirklichkeit werden lassen.
Er schart ein Team von etwa fünf Aktivisten um sich, mit denen er die nötige Software und Konzepte zu Veröffentlichungen erarbeitet.
Zwar will \wl dezentral sein, doch nimmt Assange von Beginn an eine Sonderrolle ein und gilt heute zu Recht als führender Kopf der Organisation.

Die Gruppe kommuniziert hauptsächlich über das Internet und hat früh Kontakte zu bekannten Whistleblowern wie Daniel Ellsberg, dem Veröffentlicher der Watergate-Dokumente.
Im Jahr 2006 wird die Domain \url{wikileaks.org} vom Cryptome-Gründer registriert, der dem Projekt \wl anfangs wohlwollend gegenübersteht, es später jedoch nach einem Streit mit Assange über Spendengelder verlässt.

Die erste Veröffentlichung des Projekts ist ein Dokument, das mutmaßlich von Scheich Hassan Dahir Aweys stammt, dem damaligen Anführer der ICU, einer Fraktion im somalischen Bürgerkrieg.
Das Dokument spricht von Plänen über eine \enquote{Islamische Republik Somalia} und stellt die Pläne der ICU zur Zukunft Somalias dar und wirft die Frage auf, ob die ICU islamistisch geprägt ist.
In den Medien findet der Leak jedoch wenig Beachtung, was wohl auch auf die Frage nach der Authentizität des Dokuments zurückzuführen ist:
Es kann bis zur Veröffentlichung nicht geklärt werden, ob das Dokument nicht vielleicht doch eine Fälschung ist.

So ist dieses erste Papier ein gutes Beispiel für die Probleme, denen \wl gegenübersteht und die nur schwierig zu lösen sind.
Zwar sind die Mitglieder anfangs keine Journalisten, dennoch müssen sie, wollen sie keine Enten veröffentlichen, journalistische Arbeit leisten und die Quelle verifizieren.
Gerade bei Geheimdokumenten stellt sich dieses Problem als schwer lösbar heraus und führt letztendlich dazu, dass \wl im Jahr 2010 die Hilfe von etablierten Medienorganisationen sucht, auch wenn das dem ursprünglichen Ideal einer Unabhängigen Instanz zwischen Quellen und Medien widerspricht.

\wl sieht sich seinen Quellen gegenüber in der Pflicht, die übermittelten Inhalte zu veröffentlichen, ohne Rücksicht auf politische und soziale Konsequenzen, jedoch auch ohne Interpretation der Daten.
Die Daten sollen nur verändert werden, wenn die Änderung dem Quellenschutz dient, etwa wenn Metadaten entfernt werden.
Assange fordert: \enquote{Lasst den Inhalt für sich selbst sprechen und überlasst die Prüfung und Analyse für jedermann offen.}
Die Verantwortung über die Daten soll bei den Quellen liegen.
Damit stellt \wl bewusst die Frage, wer die Hoheit über geheime Informationen besitzt und ob die veröffentlichende Organisation Schuld trifft.

Dass diese Problematik persönliche Konsequenzen haben kann zeigt beispielsweise, dass \wl 2009 einen vermeindlichen HIV-Test von Steve Jobs veröffentlicht, der sich als Ente herausstellt und ein Spannungsfeld aufbaut zwischen Informationen öffentlichen Interesses und der Privatsphäre einzelner Personen.

\subsection{Leaks vor 2010}
\label{sub:leaks_vor_2010}
\todo{das ist net hübsch}
Bis jetzt hat \wl mehr als eine Million Dokumente veröffentlicht, deren Relevanz international verteilt ist.
Da ein umfassender Überblick selbst über die wichtigen Dokumente so unmöglich wird, sollen im Folgenden exemplarisch einige wenige Leaks beschrieben werden, die besondere Signifikanz aufweisen.

\subsubsection*{Nairobi}
\label{ssub:nairobi}
Assange besucht 2007 das Weltsozialforum in Kenia, eine Gegenveranstaltung von linken Aktivisten zum G8-Treffen, um \wl öffentlich zu prästentieren.
Er bleibt danach für längere Zeit in Nairobi und lernt die dortige Lebenssituation und flächendeckende Überwachung kennen.

Ihm wird ein Untersuchungsbericht über Daniel arap Moi zugespielt, dem 2002 abgelösten Präsidenten von Kenia.
Sein Nachfolger, Mwai Kibaki, war mit dem Versprechen angetreten, die Korruption in Kenia zu bekämpfen und die Plünderung des Landes seines Vorgängers aufzudecken und zu bestrafen.
Kibaki gibt dazu der Detektei Kroll den Auftrag, eine Untersuchung durchzuführen, die 2004 abgeschlossen ist und Beweise über mehrere hundert Millionen Dollar Veruntreuung beinhaltet, der jedoch nie veröffentlich wird.

\begin{figure}[]
    \centering
    \subfloat[Daniel arap Moi]{
        \includegraphics[width=.4\columnwidth]{img/moi_wikileaks.jpg}
    }
    \hfill
    \subfloat[Mwai Kibaki]{
        \includegraphics[width=.4\columnwidth]{img/kibaki_wikipedia.jpg}
    }
    \caption{\wl veröffentlicht Beweise für Korruption unter dem kenianischen Altpräsidenten Moi, die sein Nachfolger Kibaki zurückhält.}
    \label{fig:kenia}
\end{figure}

Offiziell wird der Bericht als unvollständig und ungenau bezeichnet, jedoch hält wahrscheinlich Kibaki den Bericht zurück, da er sich in der Zwischenzeit mit Moi arrangiert hat und kein Interesse mehr daran hat, die Korruption aufzudecken.
Im September 2007 wird der Bericht von \wl veröffentlicht und vom Guardian und lokalen kenianischen Medien aufgegriffen.

Da unmittelbar danach in Kenia Wahlen stattfinden, stellt dieser Leak den ersten mit direkten Folgen für eine Gesellschaft dar.
Zwar bleibt Kibaki Präsident, jedoch nur mit einem Vorsprung von etwas mehr als zweihunderttausend Stimmen.
Laut Assange hat die Veröffentlichung \enquote{bis zu 10\% der Stimmen} beeinflusst.

Kenia wird auch das Land, in dem in direkter Folge auf eine Veröffentlichung durch \wl Menschen zu Schaden kommen:
Im September 2008 veröffentlicht \wl  das Dokument \enquote{Der Schrei des Bluts - extralegale Morde und Entführungen}, ein Bericht über die brutalen Vorgehensweisen der kenianischen Polizei.
In Folge dieses Berichts werden im März 2009 werden Oscar Kamau Kingara, ein kenianischer Menschenrechtsaktivist und sein Assistent John Paul Oulu, ermordet.
Kingara hatte wesentliche Beiträge zum \wl-Bericht geleistet.

\subsubsection*{Julius Bär}
\label{ssub:julius_baer}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[width=.5\textwidth]{img/julius_baer_logo.png}
    \caption{Das Logo der schweizerischen Bank Julius Bär, dem ersten und nicht erfolgreichen Klageführer gegen \wl.}
    \label{fig:julius_baer}
\end{figure}
Im Januar 2008 publiziert \wl interne Dokumente der Bank Julius Bär aus der Schweiz.
Diese Daten, die als das \enquote{Elmer-Dossier} bekannt werden stammen von Rudolf Elmer, einem ehemaligen Manger Julius Bärs, der die Abteilung der Bank auf den Cayman Islands leitete.
Die Daten beinhalten Beweise für systematische Steuerhinterziehung, die Elmer, nachdem ihm von Julius Bär gekündigt wurde, an \wl weitergab.

In Reaktion auf die Publikation klagt Julius Bär gegen \wl, in der Hoffnung, die Daten wieder unter Verschluss bringen zu können.
Bär wählt hierfür ein Gericht in Kalifornien, der Ort an dem die Domain \url{wikileaks.org} registriert ist.
Der zuständige Richter erlässt eine einstweilige Verfügung, die Domain zu deaktivieren, in der Hoffnung, \wl damit vom Internet zu trennen.

Zu diesem Zeitpunkt wird die Seite schon hundertfach gespiegelt und von verschiedenen Parteien angeboten.
Außerdem erhält \wl Unterstützung von Menschenrechts- und Bürgerrechtsorganisationen wie der EFF, die die Verfügung als Angriff auf die freie Meinungsäußerung sehen. Viele Medien wie die New York Times veröffentlichen die IP-Adresse, da der Gerichtsbeschluss nur die Domain betrifft.

Durch seine Internationalität und Unterstützung beweist \wl so seine Immunität gegen nationale Strafverfolgung, die der Organisation auch oftmals vorgeworfen wird, mit dem Argument, dass \wl sich selbst über die Regeln zur Offenheit und demokratische Regulierbarkeit stelle, die die Gruppierung vehement fordert.

Durch das große Medieninteresse erleidet Julius Bär den sogenannten \enquote{Streisand-Effekt}, bei dem der Versuch, Informationen zu unterdrücken, diesen eine viel größere Basis beschert.
Die Aktien der Bank fallen um knapp fünf Prozent und nach zwei Wochen wird die Klage ohne Angabe von Gründen zurückgezogen, kurz nachdem die Sperre von \wl wieder aufgehoben wurde.

Die Bank ist damit die erste Organisation, die gegen \wl klagt und dabei nicht erfolgreich ist.
Nach der Veröffentlichung von Dokumenten mit Bezug auf den BND 2008 schreibt der damalige BND-Präsident Ernst Uhrlau persönlich eine E-Mail an \wl, in der er die Gruppierung auffordert, die unliebsamen Inhalte zu entfernen und mit einer Klage droht, was jedoch folgenlos bleibt.

\section{Das Jahr 2010}
\label{sec:das_jahr_2010}
\todo{Blubberdi}
\wl veröffentlicht in der Zeit von 2006 bis 2010 eine Vielzahl von Dokumenten, bleibt aber dem Ideal treu, die Publikationen nicht inhaltlich aufzubereiten.
Dies führt jedoch dazu, dass --- wie gewünscht --- die Inhalte und nicht \wl ihren Weg in die öffentliche Wahrnehmung finden.

Im Jahr 2010 veröffentlicht \wl mit \enquote{Collateral Murder}, den Feldberichten aus Afghanistan und dem Irak und den Botschaftsdepeschen Dokumente, die die Gruppierung und speziell Julian Assange mehr in den Mittelpunkt rücken lassen.

\subsection{Collateral Murder}
\label{sub:collateral_murder}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[width=\textwidth]{img/collateral_murder_4_crop_2.jpg}
    \caption{Das Video \enquote{Collateral Murder} zeigt einen Angriff eines Apache-Hubschraubers auf eine Gruppe Menschen im Irak. Die Soldaten im Helikopter identifizieren diese als Aufständische, unter den Opfern sind jedoch zwei Reuters-Journalisten und zwei Kinder.}
    \label{fig:collateral_murder}
\end{figure}
Anfang 2010 bittet \wl um spenden, um den Serverbetrieb weiter gewährleisten und genug Kapazitäten zu haben, eine große Publikation bereitstellen zu können. \wl meldet per Twitter, von einer Quelle im US-Militär brisante Informationen erhalten zu haben, die im Laufe des Jahres auf \wl stehen sollen.

Im April erscheint mit \enquote{Collateral Murder} der erste Teil der Informationen.
Es handelt sich dabei um Videoaufnahmen eines US-amerikanischen Apache-Hubschruabers, die in Bagdad eine Gruppe Menschen angreifen. Das Video zeigt die Sicht des Bordschützen und ist unterlegt mit der Funkkommunikation der Besatzung.

In 38 Minuten zeigt es mehrere Personen, die die Besatzung als bewaffnet identifiziert.
Auf die Gruppe wird das Feuer eröffnet und etwa 12 Personen werden getötet.
Kurz darauf hält ein Kleinbus, der versucht, einen verletzen Mann zu retten, was fälschlicherweise als der Versuch gewertet wird, Waffen zu bergen.
Bei einem erneuten Angriff wird ein weiterer Mann getötet und zwei Kinder im Bus schwer verletzt.
Schließlich treffen amerikanische Soldaten am Ort des Geschehens ein und retten die Kinder, die den Angriff überleben.

Das Video dokumentiert eine Reihe von Fehlinterpretationen der Hubschrauberbesatzung.
Unter der Gruppe bewaffneter Kombattanten befinden sich die zwei Reuters-Mitarbeiter Saeed Chamagh und Namir Noor-Eldeen, die bei dem Angriff ums Leben kommen.
Ihre Kameraausrüstung wird fälschlicherweise als Bewaffnung identifiziert.
Der Fahrer des Kleinbusses ist ein Zivilist, der versucht, Chmagh zu retten, der den ersten Angriff verletzt überlebt.

Das Video zeigt einen Umschwung in der Art und Weise, wie \wl Material verwendet und veröffentlicht.
Während Journalisten im Auftrag von \wl vor Ort die beteiligten Personen ausfindig macht und die Geschehnisse verifiziert werden die Aufnahmen bewusst zurückgehalten, um sie aufarbeiten zu können um die maximale Wirkung zu erzielen.
Sie stellen also das erste Material dar, das \wl journalistisch bearbeitet und mit einem wertenden Titel versieht, um international Einfluss auszuüben.
\enquote{Collateral Murder} wird nicht nur auf \url{wikileaks.org} publiziert, sondern gleichzeitig bei einer Pressekonferenz den internationalen Medien vorgestellt und wird bis Ende 2010 zehn Millionen mal allein auf \url{youtube.com} angesehen.

\subsection{Feldberichte aus Afghanistan und dem Irak}
\label{sub:feldberichte}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[width=\textwidth]{img/warlogs_wikileaks_crop_2.png}
    \caption{Im Abstand von 3 Monaten veröffentlicht \wl die militärischen Kriegstagebücher der USA zum Afghanistan- und Irakkrieg. \enquote{Das Material ist ein Schlaglicht auf die alltägliche Brutalität und das Elend des Krieges.}}
    \label{fig:feldberichte}
\end{figure}
Auf die Veröffentlichung des Videos folgt kurze Zeit später die Veröffentlichung der \enquote{War Diaries} aus dem Afghanistankrieg im Juli und dem Irakkrieg im Oktober.
Diese Feldberichte enthalten die tagtäglichen Vorkommnisse der Kriege und stellen die bisher größte Veröffentlichung von geheimen militärischen Dokumenten der US-Armee dar.

Die Tagebücher beschreiben den gesamten Kriegsverlauf aus Sicht der amerikanischen Streitkräfte in den jeweiligen Ländern und deckt einerseits fragwürdige oder illegale Vorgehensweisen auf, erlaubt aber auch andererseits ungeschönte Statistiken zu erstellen über die Anzahl der Opfer der Kriege. So zählten die amerikanischen Streitkräfte bis Ende 2009 unter den etwa einhundertzehntausend Opfern sechsundsechzigtausend Zivilisten.

Die Berichte ordneten außerdem die Geschehnisse aus \enquote{Collateral Murder} in den größeren Zusammenhang des Krieges ein und deckten Fälle von Folter der irakischen Sicherheitskräfte auf, die die US-Armee unter Verschluss hielt. Die Daten zeichnen sich dadurch aus, dass sie keine Färbung enthalten und laut Assange \enquote{ein Schlaglicht auf die alltägliche Brutalität und das Elend des Krieges} darstellen.

Im Gegensatz zu \enquote{Collateral Murder} analysiert \wl die Feldberichte nicht allein, sondern kooperiert mit dem Guardian, der New York Times und dem Spiegel, die für mehrere Monate exklusiv Zugang zum Material erhalten bevor sie es gemeinschaftlich veröffentlichen.

\subsection{Botschaftsdepeschen}
\label{sub:botschaftsdepeschen}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[width=\textwidth]{img/cablegate_spiegel.png}
    \caption{Ab November 2010 gelangen über 250 tausend Depeschen der amerikanischen Botschaften an die Öffentlichkeit. Das Material umfasst Einträge, die zwischen 1966 und 2010 und beschreibt sowohl die Wahrnehmung der politischen Lage der einzelnen Botschaften als auch politische Persönlichkeiten. Die Abbildung zeigt, aus welchen Botschaften wie viele Depeschen stammen.}
    \label{fig:botschaftsdepeschen}
\end{figure}
Dieses Vorgehen wiederholt sich im Vorfeld der Publikation von einer viertel Million Depeschen der amerikanischen Botschaften, die im November 2010 unter dem Namen \enquote{Cablegate} online stehen.
Das Archiv enthält Material, das zwischen 1966 und Februar 2010 erstellt wurde und kann in drei Typen unterteilt werden:
Die Depeschen beschreiben die alltägliche Arbeit der Botschaftsmitarbeiter, die Machtpolitik der US-amerikanischen Außenpolitik und Amerikas Sicht auf andere Länder und deren Vertretungen.
Unter den Dokumenten sind mehr als fünfzehntausend als geheim eingestufte Berichte.

In den Kabeln finden sich sich diplomatische Fauxpas, wie die Beschreibung des russischen Präsidenten Putin als \enquote{Alpha-Rüden} oder des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi als \enquote{inkompetent und aufgeblasen}.

Von größerer Relevanz sind jedoch vertrauliche Informationen, die die globale Außenpolitik beeinflussen können.
So werden die überraschend kritischen Sichtweisen der arabischen Welt auf das iranische Atomprogramm beschrieben, oder es kommt die Existenz eines geheimen Nato-Plans ans Licht, der die Verteidigung des Baltikums gegen eine Mögliche Invasion Russlands beschreibt.
Der Plan wurde als Reaktion auf den Georgien-Konflikt ausgearbeitet und führt zu Spannungen zwischen Russland und der Nato.
Die FDP findet heraus, dass während der Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2009 eine Quelle Interna an die Amerikaner weitergab.
Als Maulwurf stellt sich der Büroleiter von Guido Westerwelle heraus, der daraufhin die FDP verlassen muss.
Die Existenz solcher Kooperationen mit Amerikanern stellt sich als alltäglich heraus und als tiefergehend als erwartet.
So finden sich auch Beweise für das Abhören von Politikern bei der UN und von PRISM in den Kabeln, das im Jahr 2013 in Folge von Veröffentlichungen von Edward Snowden in starke Kritik gerät.

Wie bei den Feldberichten kooperiert auch diesmal \wl mit verschiedenen Medienhäusern, um die erdrückende Masse an Informationen aufbereiten zu können.
Während \wl bei den vorherigen Veröffentlichungen eine zentrale Rolle einnahm, hält sich die Organisation diesmal eher zurück und stellt die Informationen bereit, die stückweise veröffentlicht werden.

Die ursprüngliche Überzeugung von \wl war es, Informationen so wenig wie möglich zu verändern, um den Quellen die Hoheit über ihre Daten zu überlassen.
Bei den Veröffentlichungen 2010 wird mit diesem Prinzip jedoch gebrochen, da die kooperierenden Medien darauf bestehen, aus dem Material Namen von Menschen zu entfernen, die durch die Veröffentlichung in Gefahr gelangen könnten, wie etwa Informaten in den Feldberichten.

Die Gefährdung von Informanten und Soldaten, die destabilisierung der demokratischen Verhältnisse und der Bruch mit der Verpflichtung der Quelle zur Geheimhaltung sind die wichtigsten Kritikpunkte, die die USA gegenüber der Veröffentlichung vertreten.
Während \enquote{Collateral Murder} noch keine offizielle Reaktion der Amerikaner bewirkt, werden die späteren Veröffentlichungen scharf kritisiert.

\subsection{Bradley Manning}
\label{sub:bradley_manning}
\begin{figure}[]
    \centering
    \includegraphics[width=.4\textwidth]{img/manning_wikipedia.jpg}
    \caption{Bradley Manning spielt \wl die Informationen zu, die über das Jahr 2010 hinweg schrittweise veröffentlicht werden. Er wird am 21. August 2013 von einem Militärgericht zu 35 Jahren Haft verurteilt.}
    \label{fig:manning}
\end{figure}
Intern suchen die amerikanischen Streitkräfte nach bekanntwerden eines Geheimnisverlusts seit Anfang 2010 aggressiv nach der Quelle. Diese findet sich im Mai in Bradley Manning, ein Nachrichtenanalyst, der im Irak stationiert ist.
Die Behörden wurden auf Manning aufmerksam, nachdem dieser in einem Chat mit Adrian Lamo, einem US-amerikanischen Hacker und Journalisten, seine Taten beschrieb.

Bradley Manning wird 1980 in Crescent, Oklahoma geboren und wird als computerbegeistert und liberal beschrieben.
Er geht nach einer schweren Jugend zum Militär und wird dort zum Nachrichtenanalysten ausgebildet und erlangt die Zulassung für die Geheimhaltungsstufe \enquote{top secret}.
Ende Oktober 2009 wird er in den Irak versetzt und bezeichnet sich dort als unzufrieden, weil er dazu gezwungen ist, ein Doppelleben zwischen der \enquote{Don't ask, don't tell}-Regelung des Militärs und seinem Privatleben zu führen.

Als er bei seiner Arbeit im Aufklärungs- und Abwehrbatallion Beweise für die Toleranz von Missbrauch findet, beschließt er, diese zu veröffentlichen.
Im Chat mit Lamo sagt er: \enquote{Ich will, dass die Leute die Wahrheit erfahren, egal, wer sie sind, denn ohne Informationen kann die Öffentlichkeit nicht die richtigen Entscheidungen treffen.}
Er kopiert die Daten auf einen CD-Rohling und schickt sie per Post an \wl.

Im Mai 2010 wird Manning unter dem Verdacht, die \wl-Quelle zu sein verhaftet und wird seitdem in militärischer Haft festgehalten. Er leidet unter sehr scharfen Haftbedingungen in Einzelhaft, für die er im Januar 2013 eine Reduzierung seiner möglichten Haftstrafte erhält.
Nach Bekanntwerden von Mannings Inhaftierung erhält er Unterstützung von internationalen Medien und Menschenrechtsorganisationen, die fordern, eine \enquote{humane Unterbringung} für Manning sicherzustellen.

Im folgenden Verfahren wird Manning in 19 von insgesamt 21 Anklagepunkten schuldig gesprochen, im schwerwiegendsten Punkt \enquote{aiding the enemy}, der die Todesstrafe zur Folge haben kann, jedoch freigesprochen.
Am 21. August 2013 wird Manning zu 35 Jahren Haft verurteilt, nachdem er Ende Februar 2013 gesteht und sich entschuldigt.

\subsection{Reaktion der USA}
\label{sub:reaktion_der_usa}
\begin{figure}[h]
    \centering
    \includegraphics[width=\textwidth]{img/donations_wikileaks.png}
    \caption{Die Veröffentlichungen von \wl im Jahr 2010 führen zu einem immensen Anstieg an Spendengeldern. Ende 2010 bricht das Spendenaufkommen jedoch spontan ein, nachdem die US-Regierung Druck auf große Kreditgesellschaften wie Visa, Mastercard und PayPal ausübt, die daraufhin kein Geld mehr zu \wl weiterleiten.}
    \label{fig:donations}
\end{figure}
\blindtext

\section{\wl danach}
\label{sec:wikileaks_danach}
\blindtext

\subsection{Assange in London}
\label{sub:assange_in_london}
\blindtext
\begin{figure}[h]
    \centering
    \includegraphics[width=\textwidth]{img/assange_embassy_wikipedia_crop_2.jpg}
    \caption{Assange flüchtet sich Mitte August 2012 nach einem Asylantrag in die Botschaft Ecuadors in London. Er will so einer Auslieferung nach Schweden entgehen, weil er fürchtet, weiter nach Amerika ausgeliefert zu werden wo ihm wegen seiner Schlüsselrolle bei \wl die Todesstrafe drohen könnte. Die Abbildung zeigt Assange bei einer Ansprache vom Balkon der Botschaft.}
    \label{fig:assange_in_london}
\end{figure}

\subsection{Leaks nach 2010}
\label{sub:leaks_nach_2010}
\blindtext

\begin{figure}[h]
    \centering
    \subfloat[Spyfiles]{
        \includegraphics[width=.4\columnwidth]{img/spyfiles_wikileaks.jpg}
    }
    \hfill
    \subfloat[Syria Files]{
        \includegraphics[width=.4\columnwidth]{img/syria_files_wikileaks.jpg}
    }
    \caption{Nach 2010 veröffentlicht \wl deutlich weniger Material, da keine Möglichkeit zur sicheren Einsendung mehr besteht. Im Dezember 2011 gelangen mit den \enquote{Spyfiles} Informationen über die internationale Überwachungsindustrie und im Julia 2012 mit den \enquote{Syria Files} Emails von syrischen Polit-Offiziellen an die Öffentlichkeit.}
    \label{fig:leaks_nach_2010}
\end{figure}

\subsection{Whistleblowing}
\label{sec:whistleblowing}
\blindtext

\begin{figure}[h]
    \centering
    \includegraphics[height=.4\textheight]{img/stuttmann_wikileaks.png}
    \caption{Die Stuttmann-Karikatur beschreibt die Auswirkungen der Veröffentlichungen von \wl auf die öffentliche Akzeptanz zur Geheimhaltung von Informationen. \wl leistet einen Beitrag dazu, dass das Recht eines Staates seine Bürger unter Generalverdacht zu stellen und umfassend zu überwachen in Frage gestellt wird.}
    \label{fig:stuttmann}
\end{figure}

\appendix

\bibliographystyle{alpha}
\bibliography{term_paper}
\end{document}